Die Reise mutiert, die Reise ändert sich, die Reise verändert mich. Meine Interessen verschieben sich, verwandeln sich und mit der Ankunft in Seoul ist mein Bloggen erlahmt. Ich hatte länger darüber sinniert, woran es liegen könnte. Ich habe noch keine Erzählerposition gefunden, mit der ich das Erlebte abbilden könnte. Schreibe ich einmal lang über Seoul oder teile ich die Episoden auf? Aber nach welchen Kriterien? Alles hier ist zu unterschiedlich gewesen, um es irgendwo auf einen Nenner bringen zu können. Und es war persönlich für mich wichtig, ist aber nicht unbedingt für einen Leser von Interesse. Und oft ergeben sich nur ein paar Stichpunkte.

Nach China und 3 Monaten on-the-road ist mein Reisedrang erschöpft. Ich hatte damit gerechnet und Südkorea als „abwarten, was sich ergibt“ Station eingeplant. China hat sehr viel Planungsaufwand und Energie eingefordert und war eine klassische Reiseetappe: 7 Provinzen in 30 Tagen. Für Südkorea hatte ich entsprechend wenig vorab recherchiert und das Land war in weiten Teilen ein weißer Fleck auf der Landkarte für mich.

Ich war mit einer Freundin aus Berlin verabredet, die eine Artist Residency in Seoul hatte. Im Folgenden bin ich dann des öfteren auf Vernissagen, Art Events und Vorträgen gelandet, etwa bei http://semananji.seoul.go.kr/eng/ oder hier
http://www.ratschoolofart.com/.
Ansonsten waren wir einige Male im Bukhansan Nationalpark unterwegs. Wanderungen sind hier herausfordernd. Die Berge sind mit unter 1000 Metern nicht sehr hoch, die Aufstiege führen aber teils über Felsen, die erklettert werden wollen. Daher sind hier auch alle Rentner in voller Outdoor-Montur unterwegs. Wandern ist hier Volkssport und an Wochenenden sollte man sich auf Menschenmassen in den Naturparks einstellen.

Die meiste Zeit habe ich in Seoul in Hongdae verbracht. Hörte sich ganz gut an und war es dann auch. Die Hostels lagen in Mapo-gu außerhalb des Strips und wenn ich ehrlich bin, war das auch ganz genehm. Hongdae ist einfach zu voll an Wochenenden, zwischen Freitag und Sonntag ist hier Ausnahmezustand. Es herrscht ein Drängen und Schieben in den Gassen. Und zwar so, dass es nach einer Zeit eher unangenehm wird. Feierwütig war ich nicht und gute Optionen für Bars, Clubs und Konzerte gab es nicht. Südkorea steht auf Kindchenschema in allen Lebenslagen. Musikalisch sieht man dann Jugendliche, die in ihren skinny Jeans und Vans wie Indierocker aussehen, aber auf der Straße in Hongdae Herzschmerz-Schnulzen performen. Da schüttelt es mich, aber es ist kein Jitterbug. Paul McCartney war auch während meines Aufenthalts zu Gast, aber auch hier: nicht mein Fall. Es gab irgendwann später ein Metalfestival der härteren Gangart, Punkshows eher selten, seit der Spot-Club letzten Dezember dicht gemacht hat.

Mein Programm lag irgendwo zwischen Dunkin Donuts und Starbucks. Oder den unzähligen lokalen Cafes, denn Kaffee ist hier groß angesagt. Neben Espresso-Derivaten sind Hand Drip Coffees schwer im Kommen. Und außer dem Kaffee ist Hongdae voll mit Essmöglichkeiten. Vornehmlich gibt es hier alles, und davon sehr viel. Food, Food, Food.

Für mich wichtigstes Ereignis war eine unwahrscheinliche Begegnung. Ich hatte innerhalb von Hongdae das Hostel gewechselt. Auf der Suche nach dem Hostel, 2 Stunden vor dem Einchecken irrte ich auf der Straße umher. Auf einmal ertönt hinter mir eine inStimme: „Are you Chris?“ Ich drehte mich überrascht um und wie sich herausstellte war es die Betreiberin, HJ, die mich schon erwartet hatte. Warum ich so viel Aufmerksamkeit erfuhr, stellte sich dann heraus: das Hostel hatte soeben aufgemacht und ich war der erste Gast. Zur Feier des Tages durfte ich einen getrockneten Kürbis zertreten. Im Endeffekt bin ich 2 Wochen im Hostel geblieben und es entwickelte sich eine Freundschaft und ich wurde ins Familienleben integriert: wir waren mehrfach zusammen essen, die Kids spielten mit mir und ich half noch an vielen Stellen mit, um die letzten offenen Punkte im Hostel fertigzustellen. Es stimmt schon, was ich auf den Weg mitbekommen hatte: „the kindness of strangers“ besitzt eine unglaublich Macht. Der Abschied vom Trick Art Guesthouse fiel dann schwer und ich bekam noch handgeschriebene Briefe mit auf die weitere Reise.

Eine Woche verbrachte ich dann noch in Jeonju auf dem Internationalen Filmfest. Großartige Organisation, auch wenn der Shuttlebus zwischen den Kinos nur bis 20:40 Uhr verkehrte. Ich hatte die gesehenen Filme an anderer Stelle besprochen. Makgeoli Restaurants sind in Jeonju groß angesagt, im Kupferkessel gibt es den Reiswein und der Tisch wird dazu vollgestellt mit Banchan, Schalen mit Essen. Ich war in einer Gruppe mit Fashiondesignerinnen und Künstlerinnen unterwegs, die mich sicher locker unter den Tisch getrunken hätten. Jedenfalls hat man in Korea deutlich mehr Spaß, wenn man mit Koreanern unterwegs ist.

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