Fast werde ich auf Ko Phangan noch als Barpersonal angeheuert. Der Israeli hinter dem Tresen ist in seinem anderen Leben auch Softwareentwickler und arbeitet als Auszeit an der Rezeption. Ich lehne allerdings dankend ab, da ich ja noch etwas vor habe und gerade erst gestartet bin.

Die eigene Recherche ergibt wenig Konkretes zur Frage, wie ich von Ko Phangan weg komme. Thailand und Websiten, auch noch auf englisch, sind so eine Sache. Die Website der Bahn ist im Retrolook der späten 1990er Jahre gestaltet. Buchungen darüber sind nicht möglich, aber zumindest Preisauskünfte. Genauso die Websites von Busunternehmen und Fähren. Ich laufe also zu dem Backpacker Reisebüro in Haad Rin und lasse mir auf deutsch mit hessischem Dialekt die Optionen aufzeigen. Wie vermutet: Der Zug über Surat Thani ist viel teurer als das Lomprayah Komplettpaket Taxi zur Fähre + Katamaran über Ko Tao nach Chumphon + Bus nach Bangkok. Einerseits versuche ich mich gerade im Slow Travel, andererseits habe ich gerade aber auch einen Rollerunfall hinter mir und möchte bald an meinem nächsten Ort ankommen.

Am übernächsten Abend bin ich zurück in Bangkok, dieses Mal an der infamosen Khao San Road nach 12 Stunden Reisezeit. Ich bleibe für 250 Baht pro Nacht im Feel Home Backpackers Hostel (ganz passabel als Absteige für maximal 2 Nächte, aber definitiv nicht länger).
Am nächsten Nachmittag suche ich Zuflucht in Wat Sahet. Den üblichen Eintritt „for foreigners“ zahle ich und dafür ist es drin halbwegs leer. Ein paar westliche Touristen, dazwischen Schulkinder, die mit ihren Handys Fotosessions veranstalten.

In der Haupthalle des Tempels meditiere ich dann vor der goldenen Buddha Statue. Ich bin von der Unfall-Episode noch halbwegs angeschlagen und finde hier Ruhe und Kraft für die weitere Reise. Ich hatte mir im Vorfeld nur lose – also eigentlich gar nicht – überlegt, wie ich es mit meinem Buddhismus auf der Reise halte. Zu Hause war das zeitlich klar definiert mit 1-2 Mal pro Woche zu festen Zeiten im Zen Dojo sitzen. In Thailand (und vielen anderen Ländern) gibt es keine Zen Dojos, die ich wie in Europa oder den USA nutzen könnte. Was hier möglich ist, ist in Wats zu meditieren, auch wenn es sich um eine andere Schule handelt, Theravada Buddhismus. Und das mache ich dann auch. Einige Thais sitzen hier auch still in der Ecke und als ich nach längerer Zeit aufstehe und nach 3 Niederwerfungen den Tempel verlasse, werfen mit 2 Damen, die ebenfalls hier saßen, einen Wai und ein Lächeln zu.

Am übernächsten Tag fahre ich weiter nach Ubon Ratchathani. Züge fahren nur nachts und ich entscheide mich für den Bus. Ich stehe früh auf, da die Fahrt lange dauert. Der Weg zum Mo Chit Busterminal erweist sich als hindernisreich. Der von Google Maps vorgeschlagene Bus 9 fährt laut Kontrolleurin nicht nach Mo Chit, ich soll Bus Nummer 3 nehmen. Zum ersten Mal kann ich mit dem Personal im Bus extrem rudimentär auf englisch kommunizieren, bisher klappte das nie. Ich warte ewig auf die Nummer 3, dieser fährt zur Mo Chit Metro Station. Der Weg durch 2 Parks hier erweist sich als Labyrinth und ich brauche ewig, um die andere Seite zu erreichen. Dann noch ein langer Marsch an einer Ausfallstraße entlang, wo es schon vereinzelt Büros von Busgesellschaften gibt und nach zweieinhalb Stunden bin ich dort. Die von mir favorisierten Nakhorn Chai Air Travel sehe ich nicht, auf Google Maps ist ihr Terminal auch nicht zu finden. Sei’s drum – bevor ich mit dem Gepäck in diesem Industriegebiet noch lange suche nehme ich lieber einen Bus direkt im Hauptgebäude, Level 3.

Kurzer Schreckmoment und der Verdacht ich sei im falschen Bus, als wir immer weiter auf Udon Thani zufahren und nicht nach Ubon Ratchathani. Der Busfahrer hatte nur „Ubon?“ gefragt, was eben auch „Udon“ hätte heissen können. Das belgisch-thailändische Ehepaar (beides Fashion Designer), das ich an der Raststätte kennenlerne, beruhigt mich. Der Bus fährt ein riesiges Dreieck quer durch Isan und nimmt nicht den direkten Weg. Entsprechend spät komme ich in Ubon Ratchathani an und es fährt nichts mehr. Ich hatte sowas schon befürchtet, Thailand geht früh zu Bett. Vom letzten Taxi sehe ich nur noch die Rücklichter und dann gibt es nur noch ein überdreht lachendes Mädchen, dass mich mit Gesten und ohne Englischkenntnisse zum letzten Motorradtaxi bringen will. Generell gilt: Englisch ist ab hier Fehlanzeige. Ich handle den hustenden, verknöcherten Motorista auf 80 Baht herunter (und das dürfte noch zu viel sein, aber ich bin fertig von dem langen Reisetag) und er fährt mich quer auf die andere Seite der Stadt zum River Moon Hostel, Nähe des Bahnhofs. Irgendwie hat er verstanden, wo ich hin will und fragt sich ab Bahnhof durch. Ich bin am Guest House, er fährt los – nur ist hier niemand. Ein Nachbar kommt vorbei und klingelt die Besitzerin via Handy aus dem Schlaf und sie teilt mir mit, dass sie ausgebucht sei, nach 5 Minuten verstehe ich, dass sie nicht „room“ sondern „full“ sagt. Weniger schön, denn das Guest House befindet sich mitten im Nichts weit außerhalb des Stadtzentrums. Zum Glück gibt es die Straße rauf ein Hotel mit einem riesigem, schwarzen Fisch im Aquarium an der Rezeption. Das Gebäude muss in einem früheren Leben mal ein Gefängnis gewesen sein, aber der Preis von 200 Baht gefällt mir und ich habe keine Alternativen. Am nächsten Morgen komme ich dann für 10 Baht mit Song Thaew Sammeltaxi zur Busstation zurück. Die Stadt zieht sich riesig in die Fläche und hat etliche Universitäten am Stadtrand. Vermutlich auch als Infrastrukturmaßnahme, um den wirtschaftlich jeher schwachen Nordosten aufzuwerten und brain-drain zu verhindern.

pakse laos

Weiter nach Laos, ich nehme für 200 Baht den Lao-Thai Bus. US-Dollar und Passfoto habe ich dabei, von dem $1 Zuschlag an Feiertagen habe ich auch gehört, also ist das Visa on Arrival kein Problem für $31.

In Pakse angekommen zahlt mir ein französisches Ehepaar das geteilte Tuk-Tuk, da die Busstation eine Wellblechhütte im Nichts ist, ohne ATM. Geld hätte ich direkt an der Grenze holen sollen. Pakse besitzt einen betonalen Charme, in den ich mich sofort verliebe. Hier gibt es nichts. Die Stadt besteht aus schmucklosen, leicht abgehalfterten Bauten mit einem dezenten, kaum wahrnehmbaren, postkolonialen Hauch. Und dennoch, als wenn man hier in eine andere Zeit eintauchen würde. Der Unterschied zu Thailand ist deutlich spürbar. Und diese Verschlafenheit ist genau das, was ich gesucht habe. Es ist heiß hier an einem staubigen Sonntagnachmittag. Die Menschen sitzen herum. Ich geselle mich dazu und mache erstmal nichts.

Ich bin für heute an meinem Sehnsuchtsort angelangt und es gefällt mir hier besser als jede Postkartenidylle.

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